Was tun mit dem Bollwerk?
Die Riegel stehen in der Stadt stellvertretend für ihre ehemaligen Nutzer: die Bezirksverwaltung des Ministeriums für Staatssicherheit und die Bezirksbehörde der Deutschen Volkspolizei. Es ist daher sehr verständlich, dass sich einige einen Abriss wünschen. Doch je mehr Zeit verstreicht, desto fragwürdiger wird ein Abriss.
Der Ort war 1989 einer der Schauplätze der Friedlichen Revolution. Kurz darauf, nachdem die Folgen des Umbruchs sichtbar wurden, wurde hier das Arbeitsamt angesiedelt. Auch das eine bedeutende Erinnerung vieler Leipzigerinner und Leipziger an die Zeit nach 1990.

Mit dem Abriss der Gebäude am ehemaligen Sachsenplatzes, dem Teilabriss der Universität und zuletzt der Abriss der Wohnhäuser am Brühl, verschwanden in der Leipziger Innenstadt die Spuren der DDR, aus bauhistorischer Sicht jedoch zum Teil herausragende Bauwerke und städtebauliche Ensembles der Nachkriegsmoderne.Die Geschichte lesbar machen.
Was einmal verschwunden ist, lässt sich nicht wieder holen. Die Matthäikirche bleibt verschwunden sowie die Bürgerhäuser aus dem 19. Jahrhundert, die der Bombennacht zum Opfer gefallen sind. Doch man kann den Fehler vermeiden, die Hinterlassenschaften der eigenen Zeit abzureißen.

Geschichte muss erlebbar sein, um lebendiges Erinnern zu ermöglichen. Dies betrifft nicht nur die, die 1989 und die DDR erlebt haben, sondern insbesondere die nachfolgenden Generationen. Auch sie haben einen Bezug zur DDR-Geschichte, eben durch die Bauwerke, die in dieser Zeit entstanden sind und von ihren Erbauern zeugen.
Nicht zuletzt bedeutet Abreißen und Neubauen gewaltige Treibhausgasemissionen. Der Bestand bietet durch seine Stahlskelettbauweise geradezu optimale Umbaupotentiale. Nicht nur jetzt, sondern auch in der Zukunft. Hier ist die Chance einen nichtkommerziellen Ort für kreative Milieus, ökologische Verantwortung sowie für lebendige Auseinandersetzung mit der eigenen Geschichte und Demokratie zu schaffen. Hier kann ein Ideenlabor mitten im Zentrum von Leipzig entstehen.